In den letzten Jahren sind in Museen, Galerien und Archiven umfangreiche Digitalisierungsprogramme umgesetzt worden. Die digitale „Expansion“ zeigt sich in vielerlei Facetten – sei es in der virtuellen Programmgestaltung, in Form von 360 Grad-Videos und Digitalisaten oder auch in neuen Vermittlungs- und Interaktionsoptionen in Präsenzausstellungen. Als zentraler Teil dieser Entwicklung zur digitalen Präsentation von Kulturgütern entstand innerhalb weniger Jahre eine große Anzahl digitaler Ausstellungen, auch virtuelle oder Online-Ausstellungen genannt. Digitale Ausstellungen können mittlerweile als ein etabliertes Anwendungsfeld der „Digital Humanities“ gelten. Sie ermöglichen es Museen, Bibliotheken und Archiven, ihre Sammlungen in digitaler Form zu präsentieren und so ihren Vermittlungsaufgaben in neuer Form nachzukommen. Dabei nutzen sie eigens entwickelte Softwarelösungen, um bestimme Aspekte physischer Ausstellungen nachzuempfinden, gehen manchmal durch neue Gestaltungsformen, interaktive Visualisierungen und gamifizierte Erfahrungswelten aber auch weit darüber hinaus.
Allerdings ist wenig über die tatsächliche Nutzung der Digitalen Ausstellungen durch die Besuchenden bekannt. Welche der vielen bereits entwickelten Lösungen ist für welchen Einsatzzweck am besten geeignet? Welche Ausstellungen empfinden Besuchende als gelungen, welche laden zum Verweilen ein? Wann ist eine Ausstellung für Recherche und Lernen am besten geeignet, wann eher für immersive Erfahrungen optimiert? Welche Ausstellungen werden erfolgreich navigiert, wo hakelt es bei den komplexen und oft innovativen Designs? Solchen Fragen widmet sich das Projekt „Digitale Ausstellungen. Von der Typologie zur Rezeptionsperspektive (2022 – 25, gefördert vom SMWK), angesiedelt an der Professur für Sprachwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz. Es verbindet die Entwicklung eines Annotationsschemas, mit dessen Hilfe formale und funktionale Aspekte eines Korpus digitaler Ausstellungen differenziert erfasst werden, mit Eyetracking-basierten Rezeptionsstudien. Die verschiedenen Gestaltungsformen digitaler Ausstellungen werden typologisch erfasst und mit spezifischen Rezeptionsformen und Nutzererfahrungen in Verbindung gebracht.
Die Ergebnisse können die für unser Verständnis von Vergangenheit und Gegenwart so wichtigen Gedächtnisinstitutionen (Museen, Bibliotheken, Archive) bei Entscheidungen zur Digitalisierung unterstützen. Zugleich will das Projekt zu einer differenzierten Debatte über den optimalen Einsatz digitaler Technologien im Kulturbereich beitragen.