Solidarische Zusammenarbeit unter Initiativen an der TU-Chemnitz

Solidarische Zusammenarbeit unter Initiativen – Eine Analyse und Diskussion der Angebote der TU Chemnitz für internationale Studierende sowie geflüchtete Studieninteressierte.

Inhalt der Forschung

Die Projektgruppe „TU Chemnitz“ hat sich mit den Angeboten der TU Chemnitz für internationale Studierende und geflüchtete Studieninteressierte beschäftigt. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Zusammenarbeit und Solidarität der einzelnen Initiativen untereinander als Voraussetzung für ein optimales Integrationsangebot für die Zielgruppen. Grund für die Auswahl des Forschungsthemas waren zwei Studierende der Projektgruppe, die selbst aktiv Mitglied in einer Initiative der TU Chemnitz sind und somit auch von Schwierigkeiten und Problemen innerhalb der Initiativen berichten konnten. Das Vorgehen der Gruppe folgte der Idee der transformativen Wissenschaft: Zunächst führte die Gruppe Interviews mit vier Initiativen an der TU Chemnitz und wertete diese aus. Im Anschluss organisierten die Studierenden ein Urban Transition Lab im Umfang eines Workshops, um die Ergebnisse der Interviews vorzustellen und mit den Initiativen über zukünftige Veränderungen ins Gespräch zu kommen. Urban Transition Labs sind Reallabore, welche vor allem in der Nachhaltigkeitsforschung1 entworfen wurden und nun auch zunehmend in der geographischen Migrationsforschung populärer werden. Urban Transition Labs zielen auf soziales Lernen zwischen den teilnehmenden Akteur_innen, die von Institutionen bis zu zivilgesellschaftlichen Initiativen reichen können, ab. Innerhalb der Labs zählen Experimente zu den zentralen Forschungsmethoden, wobei die Teilnehmenden Experimente konzipieren und umsetzen, um zu verstehen, wie Veränderungen innerhalb von Institutionen oder auch in der Zusammenarbeit gestaltet werden können.

Im Rahmen der Forschung wählte die Gruppe vier Initiativen an der TU Chemnitz aus, die Integrationsangebote stellen und sich in ihrer Arbeit mit Solidarität beschäftigen. Es handelt sich dabei um den kulturcampus sowie die dazugehörige Initiative F.R.I.E.N.D.S, das Paten-Programm und das Welcome-Programm des Internationalen Universitätszentrums.2

Zunächst führte die Projektgruppe mit Mitarbeiter_innen der Initiativen Interviews durch, um durch diesen informierten Blick ein Konzept für eine bessere Integrationsarbeit für international Studierende und geflüchtete Studieninteressierte zu entwickeln. Um die Angebote miteinander vergleichen zu können, entschied sich die Projektgruppe für Leitfadeninterviews und erarbeite dazu im Seminar einen Fragenkatalog. Der Fragenkatalog zielt vor allem auf die Umsetzung der Angebote sowie Probleme dabei ab. Fragen waren beispielsweise „Welcher Grundgedanke wurde bei der Gründung der Initiative verfolgt?“, „Wie gestaltet sich die Öffentlichkeitsarbeit?“, Welche Rolle spielt Solidarität in der Projektarbeit?“ oder „Mit welchen Problemen hat die Initiative zu kämpfen?“.

Bei der Auswertung der Leitfadeninterviews fiel auf, dass die solidarische Zusammenarbeit untereinander ausbaufähig ist und mehr gemeinsame Projekte realisiert werden sollten, anstatt einzelne Projekte oder Veranstaltungen mit ähnlichen Inhalten zu organisieren. Beispielsweise verstehen manche Initiativen Solidarität in ihrer Arbeit so, geplante Veranstaltungen auf andere Tage zu verschieben, wenn an diesem Tag schon eine andere Initiative eine Veranstaltung angemeldet hat und somit ein Konkurrenzkampf um potenzielle Interessent_innen vermieden werden kann. Weiterhin wurde deutlich, dass sich die interne Kommunikation teilweise als schwierig erweist. Dies äußerte sich beispielsweise bereits im Vorfeld bei der Interviewanfrage, indem sich mehrere Personen einer Initiative mit unterschiedlichen Antworten auf dieselbe Anfrage zurückmeldeten, was darauf schließen lässt, dass sich die Mitarbeiter_innen zu manchen Themen untereinander zu wenig austauschen.

Ablauf des Workshops

Anhand der Auswertung wurde das bereits erwähnte Konzept mit verschiedenen Lösungsansätzen erarbeitet und am 12. Juli 2019 im Open Space Chemnitz durch einen Workshop, welcher durch die Studierenden organisiert und koordiniert wurde, vorgestellt. Zum Workshop hat die Projektgruppe die befragten Mitarbeiter_innen der Initiativen sowie andere Initiativen der TU Chemnitz, die sich mit geflüchteten Studieninteressierten und international Studierenden beschäftigen, eingeladen.

Gemeinsam mit den Teilnehmer_innen wurden drei Hauptänderungen der besseren Zusammenarbeit diskutiert und weitere erarbeitet: Erstens, die Erstellung einer App oder Website, in welcher alle Initiativen der TU Chemnitz vereint auftreten würden. Unter verschiedenen Menüpunkten könnten Interessent_innen Informationen über die Initiativen erfahren und so abwägen, ob sie an Programmen teilnehmen oder sogar selbst Mitarbeiter_innen werden wollen. Zweitens, regelmäßige Treffen der Initiativenmitarbeiter_innen für den Austausch zu geplanten Veranstaltungen oder anderen Themen und drittens, eine von den Initiativen unabhängig agierende Person, welche einen Überblick zu den Veranstaltungen der Initiativen hätte, um Terminüberschneidungen so rechtzeitig verhindern zu können.

Ein Teilnehmer des Workshops, welcher Mitarbeiter im Welcome-Programm ist, klärte auf, dass es ein ähnliches Angebot der geplanten Website bereits gibt. „InTUC“3 vereint alle studentischen Initiativen der TU Chemnitz und informiert beispielsweise über Events der Initiativen. Anderen Teilnehmer_innen des Workshops war „InTUC“ bisher nicht bekannt, sodass das sie großes Interesse daran zeigten.

Auch in Bezug auf die vorgeschlagenen regelmäßigen Treffen der Initiativenmitarbeiter_innen erhielt die Projektgruppe die Information, dass es solche Treffen bereits gibt, jedoch nicht alle Initiativen daran teilnehmen. Eine Ausdehnung der Treffen soll zukünftig stattfinden.

Der Workshop lief rund drei Stunden und beinhaltete unter anderem eine Vorstellungsrunde sowie ein Speed-Friending, durch welche sich die Teilnehmer_innen genauer kennenlernen konnten. Bei einem Speed-Friending sitzen an mehreren Tischen jeweils zwei Personen, welche sich innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu verschiedenen, themenbezogenen Fragestellungen austauschen sollen. Nach Ablauf der Zeit wechselt eine der Personen im Uhrzeigersinn zum nächsten Tisch und bespricht dort andere Fragestellungen ebenfalls zum Thema. Neben diesen Kennenlernspielen gab es eine interaktive Teamaktivität zur Verbesserung der Teamfähigkeit sowie internen Kommunikation.

Sehr gut hat mir gefallen, dass wir eine Übung zur Kommunikation durchgeführt haben.“ – Teilnehmerin des Workshops

Zum Abschluss wurden alle zusammengetragenen Ideen, Verbesserungsvorschläge, Wünsche und Hoffnungen auf Moderationskarten festgehalten und eine Liste mit Kontaktdaten durchgereicht, in welcher die Teilnehmer_innen ihre E-Mail-Adressen eintragen konnten. Anschließend wurde diese Kontaktliste allen zu Verfügung gestellt.

Mindmapping (Foto von Leonie Polster)

Ergebnisse (Foto von Leonie Polster)

Reflektion des Workshops

Nach dem Workshop wurden die Teilnehmer_innen per E-Mail gebeten, ein anonymes Feedback abzugeben. Anhand des Feedbacks wurde deutlich, dass sich die gewählte Methode und Umsetzung des Workshops in Bezug auf die Forschungsfrage rückblickend als wirksam und erfolgreich erwies. So konnte durch den Workshop das Bewusstsein unter den Teilnehmenden für die Wichtigkeit der projektübergreifenden Zusammenarbeit gefördert werden.

Den Hintergrund des Workshops finde ich sehr wichtig: Initiativen sollten intensiver und häufiger zusammenarbeiten.“ – Teilnehmerin des Workshops

Einige Teilnehmer_innen gaben in ihrem Feedback an, dass auch der Wille, zukünftig enger und intensiver auf die anderen Projekte zuzugehen, gestärkt wurde. Nun haben die Projektmitarbeitenden auch ein Gesicht zu einer anderen Initiativen, die mitunter eine andere Perspektive vertritt. So sollen nach dem ersten Impuls durch das studentische Projekt und den vier Initiativen künftig weitere Projekte der TU Chemnitz zur Zusammenarbeit aufgerufen werden. Noch effektiver wäre der Workshop allerdings gewesen, „ […] wenn noch mehr Initiativen teilgenommen hätten. Daher wären wahrscheinlich noch mehr Schlussfolgerungen […] möglich gewesen.“ – Teilnehmerin des Workshops

Durch die Forschung konnten die Studierenden ihr Wissen über wissenschaftliche Forschungsmethoden vertiefen sowie Erfahrungen in der Erhebung und Auswertung dieser Daten sammeln. Besonders in der Durchführung, Aufzeichnung und Auswertung von Interviews konnte die Projektgruppe die zuvor kennengelernten Methoden praktisch anwenden. Nicht nur die praktische Anwendung von Methoden, sondern auch das intensive Auseinandersetzen mit den Themen der Solidarität und Migration in Chemnitz war für die Studierenden eine wertvolle Erfahrung. Für weitere wissenschaftliche Arbeiten wird dies sicherlich hilfreich sein.


Autorin: Julia Tuncel 

1 Schäpke et al. 2017

3 https://www.tu-chemnitz.de/tu/studentisches-engagement/initiativen.html