Reaktionen von Menschen unterschiedlicher Kulturkreise in der nonverbalen Kommunikation

Wie reagieren Menschen unterschiedlicher Kulturkreise aufeinander mit Hauptaugenmerk auf der nonverbalen Kommunikation?

– Eine Beobachtung in einem Chemnitzer Einkaufszentrum –

Eine Studierende hat im Rahmen des Seminars untersucht, wie Menschen sich gegenüber Menschen anderer Kulturkreise und anderen Aussehens verhalten, ohne direkt mit ihnen verbal zu kommunizieren sowie welche gemeinsamen Interessen oder Gemeinsamkeiten daraus abzuleiten sind. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der nonverbalen Kommunikation und Taten beziehungsweise Verhaltensweisen, welche die beobachteten Menschen bewusst und unbewusst anwenden.

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In der Vorbereitung auf die Beobachtung wurde sich aus diesem Grund mit den folgenden Fragen genauer auseinander gesetzt:

Wie interagieren/reagieren Menschen aufeinander (verschiedene kulturelle Hintergründe) und welche Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Besonderheiten lassen sich daraus ableiten?

    • Blickkontakt

    • Kommentare (eher nebensächlich)

    • Begrüßungsformeln

    • Schrittgeschwindigkeit

    • Körpersprache (Mimik/Gestik, allgemeine körperliche Reaktionen?)

Weniger im Vordergrund: Kommunikation und Sprache

    • Wie sind die Assoziationen? Unbewusste Reaktionen auf die Menschen in der Umgebung, welche ersten Gedanken?

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Durchführung der Beobachtung

Es wurden zwei Beobachtungen zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten am gleichen Ort durchgeführt. Als der zu beobachtende Raum wurde die Galerie Roter Turm in Chemnitz ausgesucht. Die erste Beobachtung fand am 15. Mai 2019 im Zeitraum zwischen 16:00 Uhr und 16:45 Uhr statt. Die beobachtende Person befand sich im Erdgeschoss der Galerie, direkt gegenüber eines Schmuckladens auf dem linken Teil einer Sitzinsel. Die zweite Beobachtung wurde am 22. Mai 2019 im Zeitraum 15:30 Uhr bis 16:00 Uhr durchgeführt. Die beobachtende Person wechselte um 15:42 Uhr die Position. Der erste Teil der Beobachtung fand in einem Coffeeshop und der zweite Teil gegenüber eines Schuhgeschäftes statt.

Ergebnisbeschreibung

Auffallend in den Beobachtungen war, dass bevorzugt ältere Menschen auffallend oft Menschen anderen Aussehens beobachteten und anschauten. Beispielsweise sah ein älterer, dunkel-gekleideter Herr, welcher den Flur entlangkam, zwei dunkelhäutigen weiblichen Jugendlichen hinterher. Um 16:10 Uhr nahm ein älterer Mann neben der beobachteten Person Platz. Ein dunkelhäutiger junger Mann kam schnell an ihnen vorbei. Der ältere Mann zog seine weißen, äußerst buschigen Augenbrauen hoch und schaute ihm hinterher. In diesem Punkt ist anzumerken, dass es in den Beobachtungen hauptsächlich männliche Personen waren, welche anderen Personen hinterhergeschaut und sie teilweise regelrecht beobachtet haben. Auffällig war beispielsweise, dass ein Großteil der Menschen jedweden Alters durchaus gar keine Reaktion auf Personen anderen Aussehens beziehungsweise anderer Sprache zeigten, wie beispielsweise als zwei junge, mit Kopftuch gekleidete Frauen vorbeigingen und eine Frau mit ihrer Enkelin diesen gar keine Achtung schenkte.

Weiterhin war zu beobachten, dass viele jüngere und mittelalte Passanten oftmals zügigen Schrittes weitergegangen sind, ohne andere Personen überhaupt zur Kenntnis genommen zu haben.

Kinder nahmen in der Beobachtung eine besondere Rolle ein. Sie riefen bei vielen Personen ähnliche Reaktionen hervor. Die meisten haben die Kinder angelächelt oder über die Interaktion der Kinder mit deren Eltern lächeln müssen. In vielen der Beobachtungen, in die ein Kind involviert war, hat mindestens eine außenstehende Person gelächelt beziehungsweise die Mimik der außenstehenden Personen war positiv aufzufassen.

Auffällig war auch, dass es einigen unangenehm war, dabei beobachtet zu werden, wie sie jemanden beobachten, gut zu sehen an folgendem Beispiel: „Eine Frau mit olivgrünem Kopftuch, ansonsten schwarz gekleidet und Kind, geht an der Großmutter vorbei. Diese schaut sie an, schaut aber schnell wieder nach unten, als sie bemerkt, dass ich in ihre Richtung schaue.“ (Beobachtung 2, S. 76-78).

Interpretation der Beobachtungen

Bezugnehmend auf die Fragestellung sind in den Beobachtungen Gemeinsamkeiten festzustellen. Die Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass Menschen jedweder Nationalität, jedweden Alters oder Aussehens Schutz, Stütze oder Rückhalt in der Gruppe suchen und finden. So findet beispielsweise das Enkelkind Schutz bei seinen Großeltern, welche sich um es kümmern, die englisch-sprechenden Mädchen haben eine bessere Orientierung und Unterstützung durch die Personen, welche ebenfalls Englisch mit ihnen sprechen und mit der Umgebung in der Galerie vertraut sind. Auch eine gemeinsame religiöse Zusammengehörigkeit oder eine gemeinsame Nationalität verbindet. So fanden sich beispielsweise in den beobachteten Gruppen immer ähnliche oder gleiche Nationalitäten zusammen. Auch pflegen die unterschiedlichen Nationalitäten untereinander einen anderen Umgang als mit anderen Nationalitäten. Gut zu sehen ist dies an den Begrüßungsformeln gleicher Nationalitäten. So umarmten sich indische Männer überschwänglich, während der Umgang zwischen zwei unterschiedlichen Nationalitäten vorwiegend förmlicher und distanzierter war. Diese Punkte untermauern auch, dass unterschiedliche Nationalitäten und kulturelle Unterschiede Menschen voneinander trennen und unterschiedliche Reaktionen auf die verschiedensten Geschehnisse hervorrufen. Die verschiedenen Wertvorstellungen und Verhaltensweisen werden gegenseitig von Menschen, welche sich in der Nationalität und ihrer Erfahrungswelt unterscheiden, skeptisch beurteilt. Sie reagieren auf das Verhalten anderer dementsprechend anders, eventuell sogar verwirrt. Beide Seiten teilen aber die Neugier am Fremden. So beobachteten Deutsche Personen anderer Herkunft, genauso aber auch anders herum.

Zusammenfassend ist aus den Beobachtungen zu entnehmen, dass es immer ein verbindendes Glied gibt. Der Mensch sucht meist nach Gesellschaft, da diese ihm Schutz, Stütze und Rückhalt bietet. Die Dynamik der Gruppenbildung kann sich je nach Schutz oder Verteidigungsbedürfnis ändern. Dies zeigt, dass die Nationalität eine zentrale Bedeutung bei der Gruppenbildung hat. Ähnliche oder gleiche Erfahrungen und Vorstellungen werden so geteilt. Darüber hinaus wird in einer gleichdenkenden Gruppe mehr Sicherheit und Schutz erfahren, als in einer sich innerlich unterscheidenden, da die Wertvorstellungen so stark voneinander abweichen können. Demzufolge teilt und verbindet vor allem die Nationalität Personen zu gleichen Teilen.


Autorin: Meret Leitermann

Redaktion: Julia Tuncel