Mapuche in Temuco
Zur Darstellung des Lebens der Mapuche in Temuco
anhand des „Monumento a la Araucanía“ und „Radio Kurruf“
Autorschaft: Camilo Peña und Michaela Grace Gebhardt
Aktivistische Gruppe: Radio Kurruf
Statue / Monument: Statuen verschiedener “Eroberer” Chiles in Temuco (Plaza de Armas)
Ort (Stadt, Land): Temuco, Chile
In diesem Artikel soll es um die Mapuche gehen, ein indigenes Volk, beheimatet in Zentral- und Südchile, aber auch in Teilen des angrenzenden Argentiniens, das mit etwa 1,5 Mio. Mitgliedern die größte und umfangreichste Minderheit Chiles darstellt. Der Fokus liegt hier vor allem auf den Mapuche in und um Temuco. Die Stadt gilt als das Zentrum der Mapuche und hat ihren Namen dem Mapudungun, der Sprache der Mapuche, zu verdanken. Anhand der Vorstellung des „Monumento a la Araucanía“ und des „Radio Kurrufs“ sollen aktuelle Einblicke in das Leben der Mapuche gegeben werden.
Monumento a la Araucanía
Das Monument, um das es sich im Folgenden handelt, befindet sich inmitten des Plaza Aníbal Pinto in der Stadt Temuco, umgangssprachlich auch Plaza de Armas genannt, also übersetzt „Platz der Waffen“. Es ist eine gemeinsame Kreation des Bildhauers und Malers Guillermo Merino Pedrero und José Troncoso Cuevas, ebenfalls Bildhauer. Am 3. November 1987 wurde es auf Antrag der Stadt Temuco und auf Anordnung des Stadtrats geschaffen. Es handelt sich hierbei um ein Ensemble an Skulpturen; fünf verschiedene Bestandteile, die zusammengesetzt
ein Ganzes ergeben. Alle Bestandteile bzw. Figuren stellen einen wichtigen Vertreter unverwechselbaren Charakters aus verschiedenen Momenten der Besiedlung der Region Araucanía, dessen Hauptstadt Temuco ist, dar. Die ästhetische Aufteilung des Werks basiert auf der kosmogonischen Ordnung der Mapuche-Kultur, also ihren Vorstellungen von der Entstehung und Entwicklung der Welt. Die Bezeichnung „Mapuche“ selbst bedeutet auf Mapudungun „Menschen der Erde.“ (Mapu = Mensch, Che = Erde) Sie sehen in allem Natürlichen göttliches Leben. Diese Eigenbezeichnung impliziert zudem die Einheit und enge Verbindung zum Land, als wichtige Komponente der kollektiven Identität des Mapuche-Volkes. Einerseits dient es dem Lebensunterhalt, andererseits wird es als Land der Ahnen geschätzt, zu denen sie auch beten und Opfergaben bringen. Die Mapuche achten besonders soziale Bindungen und Verwandtschaft (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker. Mapuche. https://www.gfbv.de/de/informieren/laender-regionen-und-voelker/voelker/mapuche/. Stand: 30.06.2021.) Die besagte kosmogonische Auffassung umfasst die fünf Kardinalzentren, die die strukturelle Ordnung und Bedeutung jedes einzelnen Elements bestimmen, aus denen das Werk besteht. Jedes Element wurde in spiralförmiger Bewegung angeordnet und durch einen geometrischen Schnitt vollendet. Sie befinden sich alle auf einem stufenförmigen Stein. Alle Figuren stehen dabei auf verschiedenen Ebenen. Auf der obersten Stufe und im Zentrum des gesamten Monuments, erhebt sich die „Machi“ trommelschlagend. (vgl. Schaub, Corinna. Amerika21. Friedliches Zusammenleben in der Araucanía? Nur ein Mythos der Sieger. https://amerika21.de/analyse/121078/erinnerung-kultur-chile.06.06.2015.) Sie ist in der Mapuche-Kultur eine traditionelle Heilerin und religiöse Führerin. Durch ihre Position auf der fünften Steinstufe ist sie Hauptverbindungsglied zwischen der menschlichen (auf Mapudungun anka wenu) und der übernatürlichen Welt (wenu mapu). Der toqui „Kallfúlikan“, also Caupolicán, ist eine weitere vertretene Persönlichkeiten. Er steht auf einem Podest, das dem Sonnenaufgang zugewendet ist. Zu Kriegszeiten wurden die Führer von den Mapuche Toqui genannt. Caupolicán war der Mapuche-Führer des Arauco-Krieges. Aus dem Grund ist er in Angriffsposition abgebildet und schwingt mit grimmigem Blick seinen Speer. Diese Position verbildlicht, wie furchtlos, tapfer und mutig er sein Volk verteidigte. Gen Norden schauend wird der Poet „Alonzo de Ercilla“ dargestellt. Er trägt ein Kreuz und ein Pergament, was die Christianisierung Lateinamerikas sowie die Romantisierung der Eroberung und Ausbeutung in der Lyrik dieser Epoche verdeutlichen soll. In Richtung Süden positioniert, befindet sich ein chilenischer Soldat, der auf die militärische Eroberung des Gebiets zum Ende des 19. Jahrhunderts verweist, der „Soldat der Befriedung“ in Ruhestellung. (vgl. Consejo de Monumentos Nacionales de Chile. Monumento a la Araucanía. Ministerio de las Culturas, los Artes y el Patrimonio. Gobierno de Chile https://www.monumentos.gob.cl/monumentos/monumentos-publicos/monumento-araucania. Stand: 30.06.2021). Die fünfte Figur verkörpert den europäischen Siedler, in Richtung der untergehenden Sonne. Er repräsentiert die chilenischen und europäischen Siedler aus Deutschland, England, Frankreich und der Schweiz, die seit 1883 dieses Gebiet besiedelten.
Das Monument ist insofern fragwürdig und umstritten, weil es zum einen vorgibt, mit der Absicht errichtet worden zu sein, für Frieden innerhalb der verschiedenen vertretenen Völker zu stehen und zum anderen den Anschein eines gegenseitigen Bereicherns erweckt, als seien sie verschmolzen. (vgl. Schaub, Corinna. Amerika21. Friedliches Zusammenleben in der Araucanía? Nur ein Mythos der Sieger. https://amerika21.de/analyse/121078/erinnerung-kultur-chile. Stand: 06.06.2015.) Sowohl Spanier als auch Mapuche werden im Monument ausschließlich positiv dargestellt. Sie erscheinen als die Vorfahren aus deren hier friedlich dargestellten Verschmelzung das chilenische Volk entstanden ist. Es erweckt den Eindruck, als hätten die Chilenen nur die besten Eigenschaften beider Völkern abbekommen und wären jetzt die starke „Rasse“. So zumindest deutet es der organisierte Mapuche und Philosoph Vicente Painel. Auch die Position, die so harmonisch und in sich selbst vollkommen scheint, sofern man der oben beschriebenen Deutung glaubt, sieht er wiederum als Zeichen dafür, dass sich die dargestellten Personen lediglich den Rücken zukehren und einander nicht beachten. Painel meint zu erkennen, dass die Künstler des Monuments selbst auch nicht an diesen vorgegebenen Frieden glaubten und die Region Araucanía keinesfalls als Ort eines gleichwertigen, ausgewogenen und interkulturellen Zusammenlebens betrachteten (vgl. Schaub, Corinna. Amerika21. Friedliches Zusammenleben in der Araucanía? Nur ein Mythos der Sieger. https://amerika21.de/analyse/121078/erinnerung-kultur-chile.06.06.2015. Stand: 30.06.2021). Immerhin war der Diktator Augusto Pinochet bei der Einweihung des „Monumento a la Araucanía“ 1990 vertreten. Dieser ist nicht als friedliebender Mensch in Erinnerung geblieben, sondern vielmehr als Tyrann, unter dessen Regime unzählige Andersdenkende ermordet wurden oder spurlos verschwanden. So sorgt dieses Monument, was scheinbar die Mapuche emporhebt und ihnen eine besondere Rolle zuschreibt, dennoch für kontroverse Diskussionen und kann in verschiedene Richtungen gedeutet und interpretiert werden.
Radio Kurruf
Radio Kurruf ist ein Radiosender, der hauptsächlich über das Internet Informationen jeglicher Art verbreitet. Es gibt eine Internetseite, auf der das Programm live mitgehört werden kann, eine App und das Radio ist in den sozialen Netzwerken wie Instagram, Twitter, Facebook und YouTube vertreten. Darüber hinaus teilt der Sender über den Nachrichtendienst Telegramm Informationen. Kurruf ist ein Begriff aus dem Mapudungun, der Sprache der Mapuche, und steht für Wind. Auch der Slogan des Radiosenders „Radio Kurruf“ heißt „la señal del viento“, also wörtlich übersetzt „das Signal des Windes“. Mit dieser bildhaften Sprache laden sie förmlich dazu ein, die benutzte Metapher zu deuten. Aus poetischer Sicht steht Wind oftmals für Stärke, Freiheit, Unaufhaltsamkeit und Beständigkeit; Attribute, mit denen sie sich zu identifizieren scheinen und assoziiert werden wollen (vgl. Dirks 2005, S. 23ff). Die Real Academia definiert Wind als „Corriente de aire producida en la atmósfera por causas naturales, como diferencias de presión o temperatura“. Viele der genannten Wörter lassen weitere Deutungen in Bezug auf die Institution zu. „Corriente“, also Strom, ist stark und kräftig; „aire“, die Luft, ist überlebensnotwendig; „natural“, natürlich und vor allem naturverbunden, sind auch die betroffenen Menschen und „presión“, Druck, ist eine Ursache für die Entstehung von Wind. Druck wurde ebenfalls zu einem Motiv für sie, den Radiosender zu gründen. Gemeint ist der Druck, der durch die Geschehnisse und die Ungerechtigkeit entstand, Transparenz zu schaffen und die Bevölkerung aufzuklären. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021) Der Radiosender gilt als alternativ und wird daher vordergründig von interessierten oder betroffenen Menschen gehört und zählt damit nicht zu den traditionellen Kommunikationsmedien in Chile. Wer exakt die Person war, die 2015 den Sender ins Leben rief, ist ungewiss. Sie selbst erklären es so, dass verschiedene Einzelpersonen, die bereits vorher in diversen Bewegungen in Ngülumapu eingebunden waren, die Initiative ergriffen und den Radiosender als Möglichkeit der Kommunikation gründeten. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021) Als Ngülumapu wird auf Mapudungun die Region bezeichnet, in der westlich der Anden Mapuche leben. Dies betrifft die neunte Region Chiles, also Araukanien, die ein Zentrum der Mapuche darstellt. (vgl. Zavala Cepeda, José Manuel. Diálogo andino. Economía aurífera, caminos y fuentes en la Araucanía (Ngülimapu) del Siglo XVI: en torno a la informacíon de Martínez Ruíz de Gamboa de 1579. https://www.scielo.cl/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0719-26812020000100027&lang=pt. 13.01.2020.) Unter anderem waren es Dorfbewohner:innen, Arbeiter:innen, Mapuche und Studierende, die an der Gründung beteiligt waren. In den Programmen des Radiosenders berichten sie über verschiedene Ereignisse, bereits vorgefallene oder noch bevorstehende, über aktuelle Situationen im Zusammenhang mit sozialen Forderungen und Beschwerden sowie über die Verteidigung ihrer Territorien. Weiterhin werden unterstützende Worte geteilt, um in Ngülumapu ein aus ihrer Sicht gutes und würdevolles Leben führen zu können. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021) Denn tagtäglich ereignen sich in diesen Gebieten Vorfälle von Missbrauch, Unterdrückung, Ausbeutung und Ungerechtigkeit, die von verschiedenen dort ansässigen Gemeinschaften ertragen werden müssen. Da die etablierten bzw. traditionellen Medien Chiles den Aktivist:innen zufolge diese Tatsachen entweder verschweigen oder oftmals falsch darstellen, kommt es zu einer fehlerhaften Auffassung und Fehlinterpretation der dort vorgefallenen Ereignisse durch die breite Bevölkerung. Um die Gesellschaft darüber aufzuklären, wurde der Radiosender geschaffen. Die populären Medien seien in Chile eng mit großen Unternehmen, politischen Parteien, Milliardären und dem Staat verbunden, in denen sie ihre Interessen, Überzeugungen, Ideologien und Macht demonstrieren und für Minderheiten wie die Mapuche keine Unterstützung sind (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021). Den Aktivist:innen ist allerdings die Bedeutsamkeit von Kommunikation in Bezug auf gesellschaftliche Dynamiken und neue Herrschaftsformen bewusst. Aus diesem Grund gründeten sie dieses Projekt, um für die Probleme, Erfahrungen, Beschwerden und Kampfprozesse der Betroffen in Ngülumapu Raum zu schaffen, um sich auszutauschen, neuen Mut zu fassen und zu Aktivitäten aufzurufen. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021)
Beispiele ihrer Arbeit
Ein Beispiel dieser Aufklärungsarbeit zeigt sich im Fall der Ermordung von Macarena Valdés im Jahr 2016. Sie war ebenfalls Aktivistin und Umweltschützerin. Zu Beginn erhielt sie von Beamten der Firma RP Global Drohungen, da sie sich gegen die Installation eines Wasserkraftwerks und der damit verbundenen Infrastruktur widersetzte. Später wurde die junge Frau tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Gutachter und die Polizei kamen zu dem Schluss, dass es sich um Selbstmord gehandelt habe. Als jedoch ein unabhängiges Gutachten erstellt wurde, konnte man diesem entnehmen, dass Dritte an dem Vorfall beteiligt waren. Fälle wie der von Macarena und viele andere wurden lediglich dadurch bekannt, dass Aktivist:innen eine solch starke Haltung bewahrten und Fakten über Webplattformen wie Radio Kurruf verbreiteten. Audio-, Foto- und audiovisuelle Aufzeichnungen sendeten sie an verschiedene Medien der sozialen Kommunikation. Radio Kurruf steht dafür, dass alle dazu beitragen können, die Probleme und Kämpfe der Bewohnenden dieses Territoriums publik zu machen. Somit kann die Gruppe der dahinterstehenden Aktivist:innen nicht genau definiert werden. Jeder Mensch, ob Journalist:in oder nicht, hat die Möglichkeit, Material und Nachrichten zu schicken, um auf weitere Missstände aufmerksam zu machen. Sie plädieren für die Aufrechterhaltung eines Verbreitungsnetzwerks, von dem aus Informationen organisiert und geschrieben werden. Dazu zählen beispielsweise Newsletter, Radioprogramme, Presse- und audiovisuelle Veröffentlichungen, Fotos und Live-Übertragungen. Radio Kurruf ist sich sicher, dass ihre Arbeit gemeinsam mit den Gemeinschaften, die ihre Unterstützung angefordert haben, das Erreichen wichtiger kommunikativer Fortschritte ermöglicht hat. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021) Mittlerweile haben sie Verbindungen zu anderen sozialen Kommunikationsmedien hergestellt, die in Wallmapu ansässig sind, also in heutigen chilenischen und argentinischen Gebieten, in denen Mapuche leben und lebten. Auch in Abya Yala, also ganz Lateinamerika, haben sie Verbindungen aufgebaut. Damit sind sie in der „Red de medios de los pueblos“, der „Red de medios libres, autónomos, comunitarios o como se llamen” („Netzwerks freier, autonomer Gemeinschaftsmedien oder wie auch immer sie heißen“) und auf interkontinentaler Ebene im „Anarchy Radio Network“ vertreten. Durch die entstandenen Verknüpfungen mit den genannten organisatorischen Instanzen ist eine Welle der Solidarität aus verschiedenen Teilen der Welt entstanden. Die Informationen aus Ngülumapu werden von verschiedenen Gebieten Lateinamerikas weiter verbreitet und das Radio Kurruf erhält damit Kenntnisse über Kämpfe in verschiedenen Teilen des Kontinents, über die sie dann berichten können. (vgl. Radio Kurruf. Editorial. https://radiokurruf.org/editorial/.2020. Stand: 30.06.2021)
Die Fokussierung auf das „Monumento a la Araucanía“ war insofern wichtig, weil es eins der berühmtesten und kontroversesten Monumente in Bezug auf die Mapuche in Temuco ist. Da aber hinsichtlich des Monuments noch keine Berichte von Aktivist:innen bei Radio Kurruf aufzufinden sind, erfolgt nun die Ausführung einer Reportage des Senders, in der es sich um einen Vorfall an einer anderen Statue handelt.
Am 12. März 2021 meldet Radio Kurruf einen aktuellen Vorfall. Die folgenden Erläuterungen beziehen sich auf die Aussagen ihrer Berichterstattung. Erst am Tag zuvor war die Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin Paulina Acevedo festgenommen worden. Sie berichtete gerade über die Entfernung einer Statue auf der Plaza Dignidad. Ihr Sohn Simón Basilio war in dem Moment bei ihr und fotografierte die Geschehnisse. Auch er wurde festgenommen, aber später wieder frei gelassen. Bei der Statue handelte es sich um eine Abbildung von General Baquedano (Radio Kurruf. Noticias. https://radiokurruf.org/2021/03/12/periodista-y-defensora-de-derechos-humanos-paulina-acevedo-es-detenida-mientras-reporteaba-el-retiro-de-estatua-en-plaza-dignidad/ Stand: 04.07.2021). Baquedano war ein einflussreicher General, der im Salpeterkrieg von 1879 bis 1884 zwischen Chile, Peru und Bolivien, eine tragende Rolle spielte. Unzählige Menschen verloren dabei ihr Leben, unter anderem viele Kindersoldaten, die nie wieder aus dem Krieg nach Hause kamen. Auch am Kampf gegen die indigen Mapuche war Baquedano stets beteiligt und unterstützte zahlreiche Kampagnen dagegen. Er war Teil der „Befriedung Araukanines“ (Goldschmidt, Dafna. Kultur Austausch. Statue des Generals Baquedano. Institut für Auslandsbeziehungen. https://www.zeitschrift-kulturaustausch.de/de/archiv/exclusiv-online/standard-titel/statue-des-generals-baquedano. Stand: 04.07.2021). Als 2019 die Proteste in Chile immer mehr zunahmen und damit die Plaza Italia in Santiago zu einem Treffpunkt vieler Protestbewegungen wurde, wurde sie in „Plaza Dignidad“ umbenannt. Zwar bezogen sich die Aufstände auf unterschiedliche Forderungen, aber neben dem generellen Verlangen nach besseren Lebensbedingungen, ging es grundlegend auch um das Ende der Ungleichheit gegen die Mapuche. Dabei wurde das Monument immer wieder zur Zielscheibe von aktivistischem Vandalismus. Baquedanos wurde dabei wiederholt mit Mapucheflaggen bedeckt oder komplett rot angemalt.
Die ständigen Reinigungen und Wiederinstandsetzungen der Regierung blieben erfolglos.(Goldschmidt, Dafna. Kultur Austausch. Statue des Generals Baquedano. Institut für Auslandsbeziehungen. https://www.zeitschrift-kulturaustausch.de/de/archiv/exclusiv-online/standard-titel/statue-des-generals-baquedano. Stand: 04.07.2021). Immer wieder klagte die Bevölkerung und forderte ein Entfernen der Statue, wogegen sich die Regierung aber vehement wehrte. Als die Statue am 11. März tatsächlich entfernt wurde, war die Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin Paulina Acevedo vor Ort und berichtete in Begleitung ihres Sohnes über das Geschehen. Beide verfügten über einen Presseausweis, um ihrer Arbeit nachzugehen. Paulina Acevedo berichtete über die Pressestelle der Behörden nach der Entfernung der Statue, als sie die Festnahme ihres Sohnes sah, der zu dem Zeitpunkt die Vorkommnisse auf dem Platz fotografierte. Als sie zu dem Polizeiwagen ging, in dem die Festnahme stattfand und nach den Gründen dafür fragte, wurde die Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin ebenfalls festgenommen und ihr professionelles Arbeitsequipment vorenthalten. Artikel 261, „Angriff auf Behörden“, und Artikel 318, „Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“, wurden der Journalistin vorgeworfen. Damit kam sie vorerst in Untersuchungshaft (Radio Kurruf. Noticias. https://radiokurruf.org/2021/03/12/periodista-y-defensora-de-derechos-humanos-paulina-acevedo-es-detenida-mientras-reporteaba-el-retiro-de-estatua-en-plaza-dignidad/ Stand: 04.07.2021). Radio Kurruf äußerte sich sofort im Namen des Bürgerobservatorium und des chilenischen Verbands der Nichtregierungsorganisationen Acción AG zu den Ereignissen, indem sie den Angriff aufs Schärfste verurteilen. Gleich am Folgetag berichteten sie über alle Details. Sie argumentieren ebenfalls mit Beweisfotos, die zum einen die Sammelerlaubnis der Journalistin nachweisen und zugleich belegen, dass sie die gesamte Zeit über eine Maske trug. Aus dem Grund empfinden sie die Vorwürfe als unberechtigt und verurteilen den vorgefallenen Verstoß gegen die freie Ausübung des Journalismus und die Meinungsfreiheit zutiefst. Sie hielten es für unmöglich, dass in einem Land, welches doch als demokratisch gilt, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten nicht ihr Recht auf Berichterstattung wahrnehmen können. Und das obwohl es sich um ein aktuelles Thema handelt, was für die gesamte Gesellschaft von großem öffentlichem Interesse ist. Abschließend startete Radio Kurruf noch einen Aufruf an die Ordnungs- und Sicherheitskräfte, derartige Missbräuche der Meinungsfreiheit nicht zu wiederholen. Sie erachten es für absolut notwendig diese aufzuhalten und neu zu belehren, damit in Zukunft neue und an die Menschenrechte angepasste Standards herrschen, die befolgt werden. 24 Stunden nach dem Vorfall wurde auch Paulina Acevedo wieder entlassen. (Radio Kurruf. Noticias. https://radiokurruf.org/2021/03/12/periodista-y-defensora-de-derechos-humanos-paulina-acevedo-es-detenida-mientras-reporteaba-el-retiro-de-estatua-en-plaza-dignidad/ Stand: 04.07.2021)
Analyse
Der Radiosender arbeitet mit diversen Informationsmaterialen und rechtlichen Grundlagen. Darauf gründen auch die Aussagen des Senders. Das schafft Transparenz und Glaubwürdigkeit. Dies ist für alle Zuhörer von äußerster Wichtigkeit. Das Nennenswerte an Radio Kurruf ist zudem, dass ihre Art der Demonstration und des Aktivwerdens einer sehr friedliche Aufklärungsarbeit entspricht. Gerade im letzten Beispiel wird deutlich, dass mit ihrer Arbeit vor allem versuchen, gewisse Grundsätze in Frage zu stellen. Gemeint sind damit gesellschaftlich anerkannten Normen und Standards sowie Aktionen der Regierung und des Militärs, bzw. hier z.B. auch des Sicherheitspersonals (vgl. Mignolo 2012, S. 7). Das Verbreiten der Inhalte regt Zuhörer:innen an, aktiv nachzudenken und Dinge in Frage zu stellen. Damit verfolgen und erledigen Sie aufgrund solcher Beispiele gleich mehrere Ziele auf einmal. Sie appellieren zum einen an wichtige Instanzen, machen sich stark und laut und stellen Forderungen. Gleichzeitig erweisen sie sich als offenes Ohr und Identifikationspunkt für weitere Bürger:innen und als Kommunikationsraum für Betroffene. Von daher halte ich die Methode des Senders für sehr gelungen. Wichtig ist zudem, dass sie bei ihrer Arbeit nicht die Würde anderer Menschen missachten oder Sachbeschädigungen vornehmen, wie es in manchen Formen von Protest vorkommt, aber damit den Prinzipien des eigenen antirassistischen Gedankenguts widersprechen würde. (vgl. Rätzhel 2000, S. 7)
Bibliografie
Dirks, Jan. 2005. Das Konzept „Wind“ und seine metaphorische Extension im Koreanischen. Wissenschaftliche Hausarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magister Artium der Universität Hamburg. S. 23ff
Mignolo, Walter D. 2012. Epistemischer Ungehorsam. Rhetorik der Moderne, Logik der Kolonialität und Grammatik der Dekolonialität. turia und Kant. Wien. S. 7
Rätzhel, Nora. 2000. Theorien über Rassismus. Hall, Stuart. Rassismus als ideologischer Diskurs. Argument Verlag. SUB Göttingen. S. 7