Junípero Serra und das Vergehen an seinen Statuen – gerechtfertigt?
Autorschaft: Tom Schulze, Leon Scheunert und Julia Wendland
Aktivistische Gruppe: Comunidad Negra Africana y Afrodescendiente en España (CNAAE)
Statue / Monument: Junípero Serra
Ort (Stadt, Land): Palma de Mallorca, Spanien
„I have a dream that one day this nation will rise up and live out the true meaning of its creed: We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal“ (Martin Luther King, 1963, ‘I Have a Dream’ – Rede).
Martin Luther King Jr., einer der bekanntesten Bürgerrechtler der Welt, sprach diese Worte am 28. August 1963. Heute, fast 60 Jahre später, gibt es immer noch Menschen, die nicht verstehen, dass man andere nicht nach äußerlichen Merkmalen als irgendeine “Rasse” kategorisieren und beurteilen sollte. Leider gibt es zahlreiche Verbrechen, die aufgrund rassistischer Ideologie ausgeführt werden. Jemand, der unter anderem im Jahr 2020 als Teil der Black Lives Matter Bewegung Anfeindungen erfuhr und als Rassist beschimpft wurde, ist Junípero Serra.
Junípero Serra
Er war Priester und Missionar im 18. Jahrhundert. Statuen von ihm wurden von Aktivisten entwürdigt und uns stellt sich die Frage, ob diese Handlungen der Aktivisten gerechtfertigt sind. Doch zunächst zu seiner Person: Junípero Serra ist als Miquel Serra i Ferrer in Petra auf Mallorca am 24.11.1713 geboren. Er wurde in einem Franziskanerkloster im selbigen Ort unterrichtet und ist mit 16 Jahren dann auch dem Franziskanerkloster beigetreten, wobei er den Beinamen “Junípero” annahm. Er studierte in Palma und erwarb den Doktor der Theologie und war anschließend von 1744 bis 1749 Prediger sowie Dozent an der Uni in Palma. Er wurde nach seiner dortigen Zeit als Teil einer Missionierungs-Gruppe ins Vizekönigreich Neuspanien gesandt und lehrte dort circa 20 Jahre in Mexiko-Stadt und an Missionsstationen. Er wurde 1752 unter anderem zum Kommissar der Inquisition, wobei er Prozesse wegen Hexerei gegen indianische Mediziner führte. 1786 wurde er nach Niederkalifornien gesendet, um dort einige Missionsstationen anzuleiten, die zuvor von Jesuiten geleitet wurden. Dort gründete Junípero weiterhin 11 Missionsstationen – unter anderem die des heutigen San Diegos und San Franciscos, wobei er die Namen nach christlichen Heiligen wählte. Gestorben ist er dann schließlich in Carmel-by-the-Sea in Kalifornien am 28.08.1784 mit 70 Jahren (World Heritage Encyclopedia, 2021, Online im Internet).
Intervention an seiner Statue in Spanien
Einer der vielen Junípero Serra-Statuen steht in Mallorca. Genauer gesagt in Palma de Mallorca, der Hauptstadt, direkt vor der San Francisco-Kirche. Es handelt sich um eine Bronzestatue, welche von dem Künstler Horacio Eguia geschaffen wurde. Und es zeigt ihn mit einem Jungen indianischer Herkunft. Wie lange diese Statue auf dem Platz vor der Kirche schon steht, ist nicht genau bekannt.
Am Montag, dem 29. Juni im Jahr 2020 wurde ein Vergehen begangen, welches als Paradebeispiel für die Thematik dieses Artikels dient. Es ist bekannt, dass die Statue in den Morgenstunden mit “Racista” (dt.: Rassist) beschmiert wurde, doch offiziell haben sich keine Täter dazu bekannt. (o.V., 2020, Online im Internet) Aus diesem Grund arbeiten wir in unserem Artikel mit der Vermutung, dass es sich um Anhänger der Gruppe Comunidad Negra Africana y Afrodescendiente en España (abk. CNAAE) handelte, da der Täter und diese Vereinigung vieles gemeinsam haben könnten. Doch warum wir genau Anhänger dieser Gruppe vermuten und was deren Motive, Ziele und weitere mögliche Aktionen waren, die uns darauf schließen lassen, erläutern wir im Laufe des Artikels.
Das Vergehen an einer Statue von Junípero Serra war definitiv nicht das Erste, sodass wir eine interessante Zeitlinie verfolgen können. Einer der ersten Aufstände gegen Junípero Serra war im Jahr 2015, in dem er heiliggesprochen wurde. Drei Tage nach seiner Heiligsprechung im September, wurde sein Grab in Kalifornien geschändet und es wurden vermehrt Statuen von ihren Plätzen gerissen (o.V., 2015, Online im Internet). Zusätzlich hinterließen die unbekannten Täter auch Schmierereien. Doch es blieb nicht nur bei vereinzelten Aktionen. Schon 2018 entfernte die Stanford Universität, eine der angesehensten Universitäten in den gesamten vereinigten Staaten, Serras Namen von verschiedenen Gebäuden, um damit ein Zeichen zu setzen. Weiter betitelten sie ihr Vorhaben mit den Worten, einen angenehmeren Ort zu schaffen (Miranda, 2020, Online im Internet). Am 19. Juni 2020 wurde eines der übelsten Vergehen an einer Statue Serras begangen. An diesem Tag stürmten ungefähr 500 Demonstranten der Black Lives Matter Bewegung (abk: BLM) in den Golden State Park in San Francisco, zogen mehrere Statuen mit Hilfe von Seilen von ihren Plätzen und beschmierten diese daraufhin, unter anderem auch Junípero Serra. Die Black Lives Matter-Organisation existiert schon seit 2013. Das Ziel der Organisation ist es, gegen Rassismus und anti-schwarze Gewalt zu kämpfen, mit einem besonderen Augenmerk auf Polizeigewalt. Die Organisation fordert die Gleichstellung aller Menschen und das unabhängig von der Hautfarbe (Duignan, 2020, Online im Internet). Es gab vermehrt Proteste im Jahr 2020, da in diesem Jahr George Floyd, ein US Bürger mit dunkler Hautfarbe, durch ein klares Fehlverhalten eines hellhäutigen Polizisten gestorben ist. Dies entfachte mehrere Proteste rund um den Globus, so auch in Spanien. Einige Proteste wurden von der CNAAE organisiert, unter anderem auch in Palma de Mallorca (CNAAE, 2020, Online im Internet). Wir erinnern uns, dass das der Ort einer Statue von Junípero Serra war.
Am 20. Juni 2020 trafen sich 60 Aktivisten und Anhänger der Black Lives Matter-Organisation im Vater Serra Park, einem Park in Downtown Los Angeles, welcher nach Junípero Serra benannt wurde. Sie umschlangen seine Statue mit Seilen und riefen im Chor: “Take it down!” (Miranda, 2020, Online im Internet). Wir weisen auf diese ganzen Beispiele hin, weil wir zeigen wollen, dass es nicht nur ein lokales Problem betreffend Junipero Serra gibt, sondern dass dieses auch auf einer globalen Ebene existiert.
Comunidad Negra Africana y Afrodescendiente en España (CNAAE)
Um nun auf die bereits mehrfach hingewiesene Organisation Comunidad Negra Africana y Afrodescendiente en España (abk.: CNAAE) einzugehen, stellen wir diese Gruppierung vor. Die CNNAE ist eine Vereinigung, welche sich für Benachteiligte rassistischen Hintergrundes einsetzt. Sie wollen strukturellen Rassismus abbauen und dem Problem des alltäglichen Rassismus eine größere Bühne geben. Ziel ist es, den Afrikanern und afrikanisch-stämmigen Personen in Spanien zu helfen sowie allen weiteren aufgrund von Rassismus benachteiligten Personen. Diese sollen anerkannt werden, sich frei entwickeln sowie entfalten können und die Gerechtigkeit erfahren, die ihnen zum Teil noch nicht anerkannt wird, so wie es das Gesetz und ein gesunder Menschenverstand vorsieht. Diese Organisation leistet schon seit mehreren Jahren Aufklärungsarbeit und Proteste; unter anderem in den autonomen Gemeinschaften Katalonien, Madrid, den Kanaren, auf Mallorca sowie auf internationaler Ebene (CNAAE, 2020, Online im Internet).
Als ein Beispiel der Arbeit der Organisation lassen sich jüngste Proteste vom 25. Juni in Murcia (Spanien) und vom 27. Juni diesen Jahres in Cartagena (Kolumbien) einordnen. Grund für diese Proteste ist der Mord an Younes Bilal am 13. Juni 2021. Er war ein 37-jähriger marokkanischer Einwanderer, der durch den ehemaligen Militär-Offizier Carlos Patricio erschossen wurde. Patricio hatte am späten Sonntagabend Younes aus nächster Nähe erschossen, als er mit Freunden in einem Café in Mazarrón saß. „Ich will keine Moros hier“ (dt. Mauren), sagte er nach Augenzeugen in dem Café. So werden Nordafrikaner in Spanien oft abfällig genannt. Patricio verließ das Café nachdem Younes ihn gebeten hatte Respekt zu zeigen und die Kellnerin nicht so anzugehen. Patricio ging nach Hause, um sich seine Waffe zu holen und kehrte ins Café zurück. Dort schoss er einmal in die Luft und fragte Younes, ob dieser den Mut habe aufzustehen. Als Younes tatsächlich aufstand, bekam er 3 Schüsse in die Brust. Der Mord an Younes jedenfalls hat für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Und die folgenden Proteste führten zu einer der aktuellsten Black Lives Matter-Bewegung, da die Protestanten “Wir sind alle Younes” skandierten. In den sozialen Medien wurde unter den Hashtags #TodosSomosYounes, #MoroccanLivesMatter und #JusticeForYounes diskutiert (Streck, 2021, Online im Internet). Die CNNAE organisierte weiterhin beispielsweise am 6. Juni eine Demonstration in Madrid gegen den institutionellen Rassismus. Es waren verschiedene Gruppierungen anzutreffen, die sich alle für Menschlichkeit einsetzten. Der 6. Juni war weiterhin der erste Jahrestag der Gründung der Comunidad Negra Africana y Afrodescendiente en España, was aufzeigt, wie jung diese Vereinigung noch ist und wie aktiv sie bereits arbeitet. Einer ihrer ersten Proteste war letztes Jahr 2020 in Barcelona am 7. Juni auf dem Sant Jaume Platz in Erinnerung an George Floyd, welcher am 25. Mai getötet wurde. Diese enge Verknüpfung mit den Black Lives Matter-Bewegungen führt zu einer besseren Mobilisierung der Menschen gegen den Rassismus. Das Thema wird viel aktiver diskutiert und man fordert bessere Verhältnisse der Betroffenen und klärt besser auf (t.i.c.t.a.c., 2020, Online im Internet).
Arbeit der Aktivist*innen
Die vorgestellte Aktivistengruppe arbeitet vor allem dekolonial und antirassistisch. Wie wir an ein paar Beispielen deutlich machen konnten, organisierten die Gruppe auch Demonstrationen bzw. Proteste im Namen der Black Lives Matter-Bewegung. Hierbei sprechen sie ganz klar die Klassifizierung durch körperliche Merkmale, in diesem Fall unterschiedliche Hautfarben, an und lehnen dieses Klassifikationssystem auch konsequent ab, denn auf ihrer Website schreiben sie auch, dass man sich versammeln soll, egal welche Hautfarbe man hat (ebd.). Der britische Soziologe Stuart Hall beschrieb in seinem Beitrag zu Theorien über Rassismus, dass Rassismus vor allem damit zu tun hat, dass bestimmte Gruppen, in dem Fall Menschen mit dunklerer bis hin zu dunkler Hautfarbe, von materiellen, sowie symbolischen Ressourcen ausgeschlossen werden, damit die Gruppe, die diesen Menschen gegenübersteht, einen sozialen, ökonomischen und politischen Vorteil hat (Hall, 2000, S.7). Das ist, wenn wir es aus einem historischen Blickwinkel betrachten, ganz simpel gesagt, Kolonialismus. Wie wir wissen, war Junípero Serra ein Missionar, welcher sich primär mit der Erkundung/Missionierung der Westküste beschäftigte. Er hat im Auftrag der Kirche gehandelt und wollte somit das Christentum unter den Ureinwohnern verbreiten. Man muss Junípero Serra anrechnen, dass er sich selbst gegen Versklavung eingesetzt hat und auch diese nicht selbst durchgeführt hat. Dennoch hat er eine Gruppe von Menschen mit dunkler Hautfarbe unterdrückt und Teile der vereinigten Staaten kolonialisiert, mit dem Ziel, ökonomisch und politisch das Beste für sein Land herauszubekommen und dabei seine religiöse Überzeugungen auf andere übertragen zu wollen. Er war ganz klar im Vorteil gegenüber der indigenen Bevölkerung, welche in der Unterzahl war und sich nicht wirklich wehren konnte. Die CNAAE weist das Ideologieproblem auf, welches sich über die Zeit mit solchen Taten verknüpft hatte, nämlich dass die Bedeutungsproduktion mit der Frage der Macht verknüpft ist. Um nochmal auf die Black Lives Matter Proteste im Allgemeinen zurückzukommen, sehen wir ein wirklich klares Bild davon. Ein Polizist, welcher an sich schon einen hohen Status in der Gesellschaft hat, nutzt seine Rolle im System aus und geht so weit, dass er einen dunkelhäutigen Menschen langsam und qualvoll tötet, indem der Polizist Derek Chauvin 9 Minuten und 29 Sekunden auf seinem Hals kniete (Tagesschau, 2021, Online im Internet). Dazu ist er nicht nur sinnbildlich (als Polizist) in einer Machtposition, sondern auch physisch, indem er auf der Kehle von George Floyd kniet. Und genau weil die Aktivisten von CNAAE auch Proteste im Gedenken an George Floyd oder auch Younes Bilal organisieren, können wir sagen, dass sie definitiv antirassistisch motiviert sind. Weiterhin können wir davon ausgehen, dass sie auch ein Ziel der Antikolonisation im Auge haben, weil sie, unserer Vermutung nach, die Statue von Junípero Serra in Palma de Mallorca beschmiert haben und sich somit gegen seine Taten und sein Vorgehen als Missionar aussprechen.
Reaktionen auf Proteste zu Junípero Serra
Auf die Vorfälle im Zusammenhang mit dem umstrittenen Junípero Serra und dessen Statuen reagierten Menschen aus den unterschiedlichsten Teilen der Gesellschaft. Während die Verteidigung des Heiligen durch die Angehörigen der Kirche generell verhalten ausfällt, findet Salvatore Cordileone jedoch deutliche Worte. Der Erzbischof von San Francisco meint, die “Bewegung der Versöhnung und gegen die Ungerechtigkeiten des Rassismus […] ist gekapert worden von einer Minderheit, die Gewalt, Plünderungen und Vandalismus begeht]” (Cordileone 2020). Er betont weiterhin das Engagement der durch Serra inspirierten Franziskanerorden, die den Armen und Unterdrückten dienen. Er habe tausende Ureinwohner zum Christentum bekehrt, und sie neue Technologien gelehrt, sei für sie gleichermaßen Anwalt und Verfechter der Menschenrechte gewesen. Dies werde vergessen, da Serra durch Kritiker oftmals als Symbol von europäischem Kolonialismus oder sogar selbst als Missbrauchstäter gebrandmarkt wird, so der Würdenträger. Jedoch sei der Heilige selbst mit schwerer Verletzung zum König gereist, um Befugnisse zu erhalten, das Militär, das die Indianer missbrauchte, zu disziplinieren. Cordileone schließt mit dem Eingeständnis historischen Unrechts, verweist auf eine ausreichende Erinnerungskultur, doch stellt ebenso klar, dass eine Neuschreibung der Geschichte nicht möglich ist (CNA Deutsch-Redaktion, 2020, Online im Internet).
Folgend auf die Stellungnahme des Erzbischofs meldete sich auch die Ureinwohnerin Molly McGettigan Arthur zu Wort. In einem Artikel des Marin Independent Journal übt sie schwere Kritik an demselben, wirft ihm unter anderem die selbe Sichtweise vor, die Serra und den Franziskanern in ihren Augen ihr Taten rechtfertigten. Sie stellt ein ums Andere mal klar, dass indigene Völker und ihre Spiritualität nicht dämonisch seien, und dass diese von der Kirche auch weder so benannt noch aufgefasst werden sollen. Sie fordert anschließend mehr Selbstreflektion der Kirche und die Bitte um Vergebung, allerdings nicht für sich selbst, sondern für die indigene Jugend. Arthur bekräftigt, man solle sie um Vergebung bitten und den Dialog suchen, anstatt sie zu kriminalisieren, zu bestrafen oder gar Rache zu suchen. Abschließend betont sie die Wichtigkeit der respektvollen und insbesondere wahrheitsgemäßen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, um angeschlagene Beziehungen wiederherzustellen (Arthur, 2021, Online im Internet).
Ronald Philipp Andrade (verst. 2016), ehem. Direktor der “Los Angeles City/County Native American Indian Commission” geht sogar noch weiter und sagt “Serra verdient es sogar mit Hitler verglichen zu werden, er ist verantwortlich für das Verschwinden von 90% der lokalen Bevölkerung” (Andrade 2016). Er kritisiert daraufhin auch seine Heiligsprechung, bezeichnet sie als absurd, ebenso wie die der spanischen Eroberer Hernán Cortés und Francisco Pizarro. Es wird fortwährend betont, dass die historische Debatte mit den politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart untrennbar verbunden ist (Hoyos, 2019, Online im Internet).
Doch wie schließt die historische Debatte nun in der Gegenwart an, und wie könnte in Zukunft mit dieser Thematik umgegangen werden?
Allgemein zeigt sich ein deutlicher Unterschied in Umgang zwischen den Vereinigten Staaten und Spanien. Beispielsweise ist in Sacramento geplant, die gestürzte Serra-Statue im Capitol Park zu ersetzen mit einem Denkmal für die Würdigung regionaler Stämme, so der Abgeordnete des kalifornischen Unterhauses, James Ramos. Dieser sagt unter anderem, es gebe in den Schulen und in den Geschichtsbüchern nur eine unzureichende Thematisierung der Versklavung der Ureinwohner. Er fährt fort und stellt klar, “spanische Mönche und das Militär haben die Native Americans unterdrückt und versklavt” (Ramos 2021). Mit dieser Aussage setzt er ein Zeichen, das Eingeständnis und der Rückhalt auf politischer Ebene sind enorm wichtig für sämtliche Organisationen, die sich gegen Rassismus und gegen das Verschweigen einsetzen. Außerdem sichert die Politik in Kalifornien Spenden zu, beispielsweise für das California Indian Heritage Center in West Sacramento, für Projekte sowie für Parks zur Aufklärung (Bojórquez, 2021, Online im Internet).
In Spanien andererseits vertritt man eine andere Meinung, so sei es nach Emilio Sáenz-Francés, einem spanischen Historiker der Universität Madrid absurd, “amerikanische Sklavenhändler aus dem 19. Jahrhundert mit spanischen Eroberern aus dem 16. Jahrhundert in einen Sack zu packen” (Sáenz-Francés, 2020). Er besteht weiterhin darauf, dass Dinge nicht aus dem Kontext gerissen oder gar mit “der moralischen Brille von heute” (Sáenz-Francés 2020) beurteilt werden sollen. 2021 ist der 500. Jahrestag der Eroberung des Aztekenreichs, mit Blick auf diese Jährung forderte der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador von Spanien und dem Vatikan eine Entschuldigung für die Verbrechen der Eroberer. Diese Forderung jedoch wurde bereits von Pedro Sánchez abgelehnt (o.V., 2020, Online im Internet). Auch die spanische Königsfamilie besuchte noch das Geburtshaus Serras, jedoch wird dies von Organisationen und Opposition als subtile Geste der Wiedergutmachung verstanden. In Spanien setzen sich lediglich die linke Podemos, die katalonischen Separatisten sowie eine mallorquinische Lokalpartei für die Entfernung der Denkmäler ein, mit der Begründung, Genozid und Versklavung der amerikanischen Ureinwohner sei gefördert worden.
Fazit
Wir können nun auf die Frage eingehen, ob es gerechtfertigt ist, dass solche Taten an den Statuen von Junípero Serra vergangen werden und inwieweit (nach unserer persönlichen Meinung) wir mit der Organisation einhergehen können.
Zunächst ist es wichtig, die jeweiligen Gesellschaftsformationen und Verhaltensmuster aus deren zeitlichen Eigenperspektive zu betrachten, um rückschauende Anmaßung der später Lebenden zu vermeiden. Das soll heißen, dass wir heutzutage aufgeschlossener und fortgeschrittener sind, als die Menschen vor einigen Generationen. Beispielsweise wurde das Wort “Neger” im 17. Jahrhundert in den deutschen Sprachgebrauch aufgenommen und genutzt, um Schwarze zu beschreiben und bereits ab dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde es als abwertender Begriff genutzt (Kilomba, 2009, Online im Internet). Heutzutage meidet man dieses Wort oder umschreibt es als das “N-Wort”, da vielen die rassistische Natur dieses Begriffes klar ist. Änderungen dauern manchmal an, und so braucht es auch Zeit, um zu erkennen, dass frühere Taten eventuell sogar Fehler waren. Mit Blick auf Serra jedenfalls lässt sich sagen, dass er für seine Zeit gerecht gehandelt hat. Wir können die Aussage von Emilio Sáenz-Francés unterstützen. Heutzutage wäre es ein schlimmes Verbrechen solche Sachen zu begehen. Allerdings war es nun damals leider gang und gäbe solche Strukturen zu verfolgen. Das soll natürlich nicht die Taten neutralisieren, aber es lässt diese besser nachvollziehen. Wir sind alle im Nachhinein schlauer und wissen, dass solche Vergehen keinesfalls gerechtfertigt werden sollten und es wichtig ist, auf die Missstände in der Geschichte hinzuweisen. Wir müssen jeden Tag aufs Neue beweisen, dass wir einen anderen – besseren Weg gehen und uns für unsere Mitmenschen in Not einsetzen. Eines unserer obersten Ziele sollte es sein, Rassismus abzubauen, uns zu informieren und sich seiner eigenen Lage bewusst zu sein. Zu wissen, was es heißt, privilegiert zu sein. Unsere Verantwortung zu kennen und dieser nachzukommen!
#blacklivesmatter
Literaturverzeichnis
Internetquellen
Arthur, Molly McGettigan. 2021. Marin Voice: Facing historic evil while considering charges
in Serra statue case. https://www.marinij.com/2021/05/06/marin-voice-facing-historic-evil-while-considering-charges-in-serra-statue-case/ Letzter Zugriff: 30.06.2021
Bojórquez, Kim. 2021. Out with Junípero Serra, in with Native Americans. Plan calls for replacing Capitol Park statue. https://www.sacbee.com/news/politics-government/capitol-alert/article251041039.html Letzter Zugriff: 30.06.2021
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https://de.catholicnewsagency.com/story/nach-sturz-der-statue-von-st-junipero-erzbischof-von-san-franzisco-verurteilt-gewaltakte-6455 Letzter Zugriff: 30.06.2021
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Duignan, Brian. 2020. Black Lives Matter.
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https://www.lavanguardia.com/historiayvida/edad-moderna/20190704/47311390940/junipero-serra-angel-o-demonio.htm Letzter Zugriff: 30.06.2021
Kilomba, Grada. 2009. Das N-Wort.
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King. Jr., Martin Luther. Ausschnitt aus der ‘I Have a Dream’-Rede am 28. August 1963 in Washington D.C.
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Streck, Ralf . 2021. Spanien: Erst rassistischer Mord, danach Messerattacke in
Hungerschlange. https://www.buchkomplizen.de/blog/auslandsbericht/spanien-erst-rassistischer-mord-danach-messerattacke-in-hungerschlange/ Letzter Zugriff: 30.06.2021
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Literaturquellen
Hall, Stuart in Rätzhel, Nora. 2000. Theorien über Rassismus. Rassismus als ideologischer Diskurs. 1. Auflage. Argument Verlag: Hamburg.